Videojournalisten (VJs) vereinen den Autor und Journalisten mit den gestalterischen Fähigkeiten des Kameramanns und der technischen Qualifikation des Editors. Als Kameramann, Reporter und Cutter in einer Person realisiert der VJ kostengünstig sendefähige Kurzbeiträge.
Die VJ-Reporter arbeiten dabei anders als konventionelle Teams. Sie tragen ihre kleine Kamera ständig bei sich und benutzen sie vor Ort wie Notizblock und Bleistift: Sie sammeln Bilder und Eindrücke, führen Interviews, später schneiden sie selbst ihre eigenen Beiträge am Computer.
Diese moderne Arbeitsweise der Videojournalisten ist flexibler, ökonomischer und eröffnet neue Perspektiven der Bildgestaltung. Flexibler, weil sie nicht mehr ausschließlich an Kameraleute und ihr schweres, kompliziertes Equipment gebunden sind. Es können neue, dichtere Impressionen eingefangen werden. Bei dieser Produktionsweise gibt es mehr Zeit und mehr Gestaltungsmöglichkeiten.
Als wir 2004 damit anfingen, Vjs bei der Realisation von Fernsehbeiträgen einzusetzen, war die Skepsis bei vielen Redakteuren und Fernsehverantwortlichen groß. Wir standen erst am Anfang einer Entwicklung, in der wir zunächst mit kleinen DV Kameras halbwegs sendetaugliche Bilder herstellen konnten. Große Teams machte und macht das natürlich nicht überflüssig, es erlaubt aber gerade in zeitintensiven Projekten Einblicke, die unter Kostenaspekten anders nicht realisierbar sind.
Zusammen mit Michael Rosenblum, der schon seit den 90er Jahren Redakteure der BBC trainiert hatte, wurde die 5-Shot Theory entwickelt, die sich heute in allen Kursen zum Thema wiederfindet.
Die VJ´s der frühen 2000er Jahre wurden allerdings in den Sendern mehr und mehr als schnelle (und günstige) Eingreiftruppe im Bereich der aktuellen Berichterstattung eingesetzt.
Ich hatte ab 2005 die Chance und Gelegenheit, gemeinsam mit dem Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung in Schwerin und finanziert mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) eine VJ-Vollzeitausbildung von Grund auf neu zu entwickeln und auch umzusetzen. In einjährigen Kursen wurde den TeilnehmerInnen eine qualitative und fundierte Ausbildung im Bereich Kamera und Schnitt angeboten, die ergänzt wurde von vertiefenden Seminareinheiten zu den Themen, Journalismus, Storytelling, Dramaturgie, Filmrecht etc.
Aus der intensiven Beschäftigung mit dem Thema Videojournalismus wurde unter anderem auch das neue Konzept „Video-Scientist“ entwickelt.